Der Hundemarkt in Apolda

Schon im 18. und 19. Jh. gab es vor allem in den großen Städten Süddeutschlands Märkte, auf denen Hunde öffentlich angeboten wurden - in Kriegs- und Notzeiten sogar als Schlachttiere. Mit solchen, rein kommerziellen Tiermärkten hatte der Apoldaer Hundemarkt jedoch wenig gemein. Er wurde weit über die Grenzen Thüringens bekannt und zog zahlreiche Interessierte von weither an.

In dem lebhaften Thüringer Industriestädtchen Apolda (u.a. Wollwaren, Maschinen und Gießereien) hatte der Rassehund einen hohen Stellenwert. Der Markt entstand aus dem Bedürfnis von Liebhabern der damals noch seltenen edlen Hunde und war u.a. ein Vorbild sportlich orga­nisierter Hundeausstellungen. Schon damals wurden fachkundige Experten als Bewerter und Preisrichter hinzugezogen, um die ordnungsgemäß angemeldeten Hunde zu beur­teilen und auszuzeichnen.

Erstmals fand der Apoldaer Hundemarkt am 01. & 02.09.1863 statt.

Im Vorfeld wurde in verschiedenen Zeitungen Werbung für den Hundemarkt gemacht: „Apolda, den 29. Juli. Der Gemeindevorstand hiesiger Stadt macht bekannt, daß mit Genehmigung des großherzoglichen Staatsministeriums am 1. und 2. September d. J. hier ein Hundemarkt abgehalten werden soll. Es wird mit dem Bemerken zur Betheiligung eingeladen, daß für die zum Markte kommenden Hunde Stättegeld nicht zu entrichten, wohl aber jeder Hund mit Halsband und Leine, auch, im Fall er bissiger Natur, mit Maulkorb zu versehen ist. Insbesondere werden die Jagdliebhaber auf den bevorstehenden Markt aufmerksam gemacht, da der gewählte Zeitpunkt vor allen hinsichtlich der Jagdhunde einen regen Verkehr erwarten läßt.“ (Zitat: Magdeburgische Zeitung vom 01.08.1863)

Foto „Bekanntmachung“ aus Hallische Zeitung, 07.08.1863

Nach dem Markt berichteten zahlreiche Zeitungen über den 1. Apoldaer Hundemarkt: „Der erste deutsche Hundemarkt, Apolda, 4. Sept. Am 1. und 2. ds. wurde in hiesiger Stadt der erste Hundemarkt abgehalten. Nach den Listen des von der Polizeibehörde eingerichteten Anmeldebureaus sind am gestrigen Tage hier 431 Hunde zum Markte gebracht worden, worunter sich nur 83 einheimische befunden haben, eine Zahl, welche im Verhältnis zu den 650 Stück hier befindlichen Hunden gewiß außer­ordentlich gering ist. Abgesehen von diesen angemeldeten Hunden sind vielleicht noch 40 – 50 Stück eingestellt worden, welche bei dem Andrange des Publikums der Kontrolle nicht unterle­gen haben, so daß man die Zahl aller zum Markt gebrachten Hunde täglich mit 480 Stück nicht zu hoch greift. Am stärksten und besten war die Gattung der Jagdhunde vertreten, von denen über 100 Stück ausgestellt waren, darunter in der That sehr schöne und kostbare Exemplare, für welche freilich auch hohe Preise (10, 15 und mehr Friedrichsd’or) gefordert wurden. Außerdem waren noch besonders zahlreiche Luxus- und Haushunde, sodann Pudel und Wasserhunde. Sehr sparsam waren die Abtheilungen für Schaf- und Fleischerhunde besetzt, in denen sich von dieser Gattung nur je 16 Stück befanden, so daß neben ihnen der übrige Platz andern Gattungen eingeräumt worden war. Durch die nasse Witterung wurde leider das äußere Ansehen der Hunde, welche durch den Schmutz und die ungewohnte Lage vielfach belästigt zu werden schie­nen, sehr beeinträchtigt und wohl trägt dieser Umstand vielleicht auch das bisweilen sehr starke Menschengewühl, welches trotz des Regenwetters stattfand und ein ruhiges Geschauen und Handeln störte, wohl hauptsächlich die Schuld daran, daß der eigentliche Marktverkehr, d.h. das Ein- und Verkaufen, nicht die Ausdehnung gewonnen hat, die an sich zu wünschen gewesen wäre. Möglicher Weise ist die Sache auch noch zu neu, um sofort nach dieser Seite hin Wirkun­gen zu äußern. Indessen sind doch, so viel wie gehört, eine nicht unbedeutende Zahl Käufe ab­geschlossen worden, die vielleicht 10 pCt. der ausgestellten Hunde betragen werden und wobei zum Theil, namentlich für Jagdhunde, recht anständige Preise erzielt worden sind. Weit geringer war der Erfolg des heutigen zweiten Tages, der zwar vom Wetter im hohen Grade begünstigt wurde, sonst aber mit dem Ergebnis von gestern nicht in Vergleich gezogen werden kann. Nach den Listen waren 84 Hunde, darunter einige 20 Stück Jagdhunde, vorgeführt, die zum Theil schon zuvor am Markt gewesen waren. Wir sahen übrigens noch weitere fremde Käufer, die zum Theil der Meinung gewesen sein sollen, daß der Markt erst heute seinen Anfang habe. Uebrigens nahmen die Thiere sich heute ungleich besser aus, waren auch viel lebhafter und lauter, so daß das eigentliche Hundeconcert stärker ertönte als Tags zuvor, wo es allerdings durch das Gewühl der Menschen mehr erstickt wurde. Ein kleines Wettrennen zwischen hiesigen Jagdhunden und der Einzug des mit Eichenlaubgewinde geschmückten Siegers bildete Nachmittag 3 ½ Uhr den Schluß des ersten diesigen und wohl überhaupt ersten deutschen Hundemarktes.“ (Zitat: Post Ausgabe Fränkischer Kurier (Mittelfränkische Zeitung), Nürnberg, 10. Septem­ber 1863)

Die ausgestellten Hunde waren in Gebrauchsklassen eingeteilt. Interessierte konnten sich Jagd-, Luxus-, Haus-, Fleischer- und Schäferhunde anschauen. Für Hundezüchter sicherlich eine wahre Fundgrube. Der Markt fand von 8 Uhr morgens bis nach dem Mittag statt. Meist gab es zusätzlich musikalische Unterhaltung, Umzüge mit Hunden, Trachtenreiten, Hunderennen, Verlosungen und Stände usw. sorgten für das leibliche Wohl. Bier und Thüringer Rostbratwürsten waren sehr gefragt. Ein Höhepunkt war sicherlich auch der Mittags-Kommers der Jenaer Studenten.

Mit wenigen Ausnahmen, z.B. während der Kriegsjahre, wurde der Apoldaer Hundemarkt jedes Jahr - meist im August (8 Tage nach Pfingsten) - veranstaltet und vom Verein zur Veredelung von Hunderacen für Thüringen geleitet. Die Stadtverwaltung förderte das Unter­fangen und überließen den Marktplatz kostenlos und auch das Meldegeld von 0,50 Pfennig je Hund blieb beim Verein. Im Laufe der Zeit entwickelte sich der Apoldaer Hundemarkt zu einem beliebten Volksfest, das schließlich von der Stadtverwaltung ganz übernommen und in festlicher Form weitergeführt wurde.

„Dagegen tauchte 1863 bei den hiesigen Jagdliebhabern eine in ihrer Art originelle Idee auf, nämlich einen Hundemarkt einzuführen. Zum ersten, im September des genannten Jahres stattfindenden Hundemarkt waren 515 Stück Hunde auf dem Marktplatz zur Schau und zum Verkauf ausgestellt und ein ungemein zahlreiches Publikum hatte sich, zum Theil aus weiter Ferne eingefunden. Auf diesen günstigen Erfolg hin wurde unter dem 21. Dec. 1863 vom Großherzogl. Staatsministerium der Stadtgemeinde bis auf Widerruf die Erlaubnis ertheilt, alljährlich, und zwar am Mittwoch nach Urban einen derartigen Markt abzuhalten. Unter dem 28. Febr. 1866 wurde die Erlaubnis dahin erweitert, mit dem Hundemarkte einen Bock-, Ziegen- und Federviehmarkt zu verbinden. An freiwilligen Beiträgen waren im genannten Jahre 80 Thlr. gesammelt worden, um die besten Hunde zu prämiiren. So zahlreich wie 1863 wurde freilich in der Folge der Markt nie wieder besucht und das veranlaßte 1868 den Gemeinderathsbeschluß, denselben ausfallen zu lassen. 1869 dagegen ist der Hundemarkt aufs Neue wieder abgehalten und 36 Thlr. sind als Prämien an die Besitzer der besten Hunde vertheilt worden. Die Sache hat in verschiedenen Städten Nachahmung gefunden.“ (Zitat: Geschichte und Beschreibung der Fabrik- und Handelsstadt Apolda und deren nächster Umgebung, J. C. Kronfeld, Lehrer an der Bürgerschule Apolda, Druck- und Verlag von C. M. Teubner, 1871)

Auch zum 2. Apoldaer Hundemarkt finden sich Zeitungsberichte: „(Hundemärkte.) Nachdem am 1. und 2. September v. J. in Apolda versuchsweise der erste deutsche Hundemarkt mit sehr glücklichem Erfolg abgehalten worden dar, fand am 1 v. M. der inzwischen von der Staatsregierung definitiv genehmigte, alljährlich auf den Mittwoch nach Urban gelegte Markt statt. Das Ergebnis dürfte der beste Beweis sein, daß das als zu gewagt oder lebensunfähig bezeichnete Unternehmen weder den einen noch den andern Vorwurf verdient, und daß der Hund recht wohl Gegenstand des öffentlichen Marktverkehres sein kann. Dem Vernehmen nach sind im Ganzen 495 Hunde zu dem Markt angemeldet worden, von denen die Mehrzahl wohl aus dem Großherzogthum Weimar herrührte, obschon auch ein nicht unerhebliches Contingent aus Preußen, Altenburg, Meiningen, Gotha, Schwarzburg-Sondershausen nd Rudolstadt gestellt worden war. Unter den zugeführten Thieren befanden sich fast alle bekannten Gattungen des Hundegeschlechts, und waren dieselben zum Theil durch wirklich ausgezeichnete Ecemplare vertreten; einige zum Markt gekommene Thiere gehörten sogar dem fernen Ausland an, nämlich der asiatischen Türkei und Spanien, und erregten vielfach das Interesse des aus nah und fern herbeigeströmten Publicums. Der Großherzog von Weimar erschien in Begleitung des Staatsministers v. Watzdorf und mehrerer Damen, um den Markt in Augenschein zu nehmen. Verkauft sollen 40 bis 50 Procent der anwesenden Hunde sein.“ (Zitat: Regensburger Morgenblatt, 12.06.1864)

„Hundemarkt in Apolda. … Am zweiten Montage nach den Pfingstfeiertagen entwickelt sich in der besonders durch ihre Wollenwaarenindustrie bekannten thüringischen Stadt Apolda ein höchst originelles Leben und Treiben. Es findet der alljährliche öffentliche Hundemarkt statt, und in allen Tonarten verkündet die reichhaltige Musterkarte unserer lieben Hausfreunde ihre verschiedenen Ansichten über diese moderne Einrichtung. Dieselbe besteht seit 1863 und hat sich von Jahr zu Jahr gehoben. Die Zahl der zugeführten Hunde – Jagd- und Luxus-, Hirten- und Metzgerhunde – beträgt jetzt alljährlich zwischen drei- und vierhundert, und es werden Verkäufe bis zu dreihundert Mark für das Exemplar abgeschlossen. Für gute Rassemerkmale, besondere Leistungen auf dem Gebiete der Unterhaltungskunst etc. gelangen Preise zur Vertheilung, und Fortuna hat bei einer Verlosung zu allerlei launigen Ueberraschungen Gelegenheit, an welchen es übrigens am Markttage auch sonst nicht fehlt.“ (Zitat: Die Gartenlaube, Heft 25, S. 415, 1887, Illustration: Die Gartenlaube, Heft 25, S. 405, 1887, 6-teiliger Holzschnitt auf Papier, 28,5 x 21 cm, Originalzeichnung von K. Ahrendts)

Ob auf den ersten Apoldaer Hundemarkt auch Schottische Schäferhunde zum Verkauf standen ist unwahrscheinlich. Gefunden haben ich in den mir zur Verfügung stehenden Publikationen dazu nichts.

Postkarte: Gruß aus Apolda, Hundemarkt

Fotos: Während der Inflationszeit brachte Apolda am 1. August 1921 sogar einen Notgeldschein (50 Pfenning) her­aus, gedruckt von Adolf Forker, Leipzig, der ein Bild dieses Volksfestes zeigte.

PS: Apolda gilt als die „Dobermann-Stadt“. Auf dem 1. Apoldaer Hundemarkt 1863 konnte der Apoldaer Züchter Karl Friedrich Louis Dobermann, eigentlich Tobermann (02.02.1834 – 09.01.1894) seine neue Schutzhundekreuzung, aus der er eine einheitliche Rasse zu formen suchte, bereits erfolgreich verkaufen.
Zum Hundemarkt am 27.08.1899 wurde der Dobermannpinscher Klub, Apolda gegründet und dessen Zuchtrichtlinien fest­gelegt.
Am 20. & 21.08.1905 fand die 1. Internationale Ausstellung von Hunden aller Rassen in Apolda statt, der ein Preishüten für Deutsche Schäferhunde angegliedert war und die durch den Verein Züchter und Liebhaber deutscher Dobermannpinscher (namentlich genannt K.L. Dobermann) organisiert wurde.


 

We use cookies

We use cookies on our website. Some of them are essential for the operation of the site, while others help us to improve this site and the user experience (tracking cookies). You can decide for yourself whether you want to allow cookies or not. Please note that if you reject them, you may not be able to use all the functionalities of the site.